Alternative Stadtführung Stuttgart

Travella/ März 26, 2018/ Allgemein, Deutschland, Europa/ 0Kommentare

Stadtführungen fand ich früher immer voll langweilig. Besonders, wenn es ein Schulausflug war. Ein Führer läuft voraus, einzelne stellen Fragen und der Führer zeigt uns die „Sehenswürdigkeiten“ der Stadt. Weil das anscheinend Vielen so ging, gibt es immer mehr „Alternative Stadtführungen“. Sie zeigen nicht die Sehenswürdigkeiten der Stadt, sondern zeigen die Stadt meist aus einem anderen Blickwinkel. Am Mittwoch habe ich eine solche Führung in Stuttgart mitgemacht. Hier sind meine Impressionen davon!

Die Alternative Stadtführung die ich mitgemacht habe, war von Trott-war. Wenn du schon mal in südwestdeutschen Städten warst, kennst du bestimmt diese Organisation. Vielleicht auch nicht bewusst. Trott-war gibt Staßenzeitungen heraus, die von sozial Benachteiligen verkauft werden. Meist nimmt man diese Verkäufer nicht war oder versucht sie nicht wahrzunehmen. Man stempelt sie häufig als „komisch“ ab und vergisst, dass sie genauso wie wir Menschen sind.

Den Führer kannte ich schon aus einem Seminar. Damals hat er zum Thema Sucht und Abhängigkeit referiert. Er ist sehr offen und nimmt kein Blatt vor den Mund. Was auch gut ist, da er jede Frage, die ihm gestellt wird beantwortet. Wahrscheinlich fragst du dich jetzt, warum ich hier so viel drum herum schreibe uns nicht einfach sage, was das Thema der Stadtführung war. Vielleicht kannst du es dir sogar denken was es war. In der Führung wurden uns Orte gezeigt, an denen sich Obdachlose und Suchtabhängige aufhalten und wo sie Anlaufstellen finden. Keine Sorge, es ist nicht wie in einem Zoo. Die Würde der Menschen wird geachtet. Die Personen werden nicht angestarrt, da ein nötiger Abstand eingehalten wird. Ich denke nämlich, dass niemand gerne von Menschenmassen angestarrt werden möchte. Besonders nicht, wenn man gerade schon am Boden liegt und einen Tiefpunkt in seinem Leben erreicht hat, oder?

Vieles, was man hier erfährt, erfährt man aus erster Hand. Die Stadtführer sind allesamt Verkäufer der Straßenzeitung Trott-war und zeigen Orte, an denen sie sich früher selbst aufgehalten haben.

Die Tour startete an der U-Bahnhaltestelle Charlottenplatz. Was viele nicht wissen, dieser Ort war früher bei Obdachlosen beliebt. Warum früher? Die Obdachlosen haben hier doch ein Dach über dem Kopf und es ist an manchen Stellen doch sehr warm…

Ja, das stimmt, doch mit einer Umbaumaßnahme wurden die Obdachlose von diesem Ort vertrieben. Der Platz wurde taghell gestaltet und abends läuft Musik mit vielen hellen Tönen. Dies beeinflusst stark die Psyche der Obdachlosen, sodass sie sich wohl oder übel entscheiden sich von diesem Ort abzuwenden.

Hast du dich schonmal gefragt, warum es auf immer mehr öffentlichen Toiletten blaues Licht gibt? Der Grund ist so simpel, wie wichtig, um uns vor Infektionskrankheiten zu schützen. Bei blauem Licht können Drogenabhängige sich keine Nadel setzten. Ok, das ist einleuchtend, aber wie soll es uns vor Infektionskrankheiten schützen? Tötet das Licht Keime ab? Nicht ganz, nachdem sich die Drogenabhängigen ihre Dosis verabreicht haben, lassen sie meist ihre Nadeln oder blutverschmierte Materialien zurück. Wenn das Blut HIV-positiv ist, kann man sich daran anstecken. Woran ich früher nicht gedacht habe ist, dass diese Nadeln selbst durch Schuhe stechen können, also aufgepasst.

Was mir bei der Führung aufgefallen ist, dass Städte häugig versuchen Obdachlose und Suchtkranke durch Umbaumaßnahmen zu vertreiben, anstatt das “Problem” direkt anzugehen. Häufig sind sie mit den Massen überfordert. Es gibt trotzdem Anlaufpunkte für Männer, Frauen und Kinder. Ein Beispiel hierfür ist in Stuttgart, der “Schlupfwinkel”.

Diese und weitere Orte und interessante Informationen warten dort auf dich. Wenn du dich dafür Interessierst, dann nehme doch an einer solchen Führung teil. Sei gespannt!

Klingt das für dich langweilig? Also, meine Sicht von Stadtführungen hat sich dadurch geändert. Die Führer leisten damit eine sehr wichtige und gleichzeitig spannende Präventionsarbeit, die keinem von uns schadet. Sie ändern unseren Blickwinkel und eröffnen uns neue Wege das Leben zu betrachten.

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